L. Szondi


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Summary

This article gives a proposal of a simplified and generally understandable drive system in which the term of drive is avoided as ever possible. Moreover, two propositions are showed in which the contents of the eight needs resp. the sixteen tendencies can be put into order and denominated differently.

Umformulierung des Triebsystems

(Ein Uebersetzungsvorschlag)

von F. Juetner

Aus Szondiana 10 Jhrg. 1990, s 20-34

Ich versuche einen Uebersetzungsvorschlag fuer das schicksalsanalytische Konzept "Triebsystem" zu machen. Dabei bemuehe ich mich, was die Funktionen dieses Systems betrifft, um grösstmögliche Vereinfachung. Was die Inhalte dieser Funktionen anbelangt, schlage ich verschiedene Ordnungsprinzipien vor, damit die Vielfalt an Bedeutungen verstaendlicher und uebersichtlicher wird.

Ohne darauf naeher einzugehen, verweise ich hier auf bereits gemachte Versuche, das Triebsystem umzugestalten oder es um Interpretations-möglichkeiten zu bereichern:

1975 entwickelte Schotte die Theorie der Umlaufbahnen (Mélon u. Leukeuche, 1982), die eine Neugestaltung des Triebsystems vornimmt, entsprechend entwicklungspsychologischer UEberlegungen.

Fischer (1984) hat in Zusammenarbeit mit Raumgestaltern, von den vier Ich-Funktionen ausgehend, eine Zuordnung vorgenommen, die das Triebsystem nach Grundweisen menschlichen Seins umstellt. Diese Seinskategorien sind:

  1. Dasein
  2. UEberdauern
  3. Streben und
  4. Freiheit.

Buergi (1985) hat vorgeschlagen, die Profile des Szondi-Tests als "Erzaehlfolie" zu betrachten, in der sich die getestete Person erzaehlend wiedererkennen kann. Diese Interpretationsart gewaehlter Tendenzen stellt er ergaenzend neben die von Szondi beschriebene, die eher klinisch-diagnostisch orientiert ist.

2 Voraussetzungen

Ich gehe von folgenden Voraussetzungen aus:

  1. Freiheit und Zwang sind nach Szondi die Hauptbegriffe der Schicksalspsychologie (1963, 33) bzw. des schicksalsanalytischen Menschenbildes (cf. 1956, Schema S. 515).

Alle schicksalsanalytischen Teilkonzepte muessen diesem uebergeordneten Gesamtentwurf des Schicksals oder des Menschseins möglichst harmonisch eingefuegt werden können. xxx Fuer das Triebsystem ist das leicht, denn es passt sich muehelos den Bereichen ein, die Szondi in seinem "Schicksalsschema" mit Erbe und Trieb- bzw. Affektnatur zusammenfasst. Wie kann man sich den Einfluss der Freiheit vorstellen? Ich werde darauf eine Antwort zu geben versuchen.

  1. Den eigentlichen Kern des Triebsystems bilden die acht Beduerfnisse und nicht die vier Triebe. Es waere eigentlich korrekter und zudem heute weniger anstössig Beduerfnissystem zu sagen. Analog zu Szondis Meinung: "Genbiologisch ist es richtiger, von einer 'Beduerfnis-Psychologie' und nicht von einer 'Trieb-Psychologie' zu sprechen" (1965, 68).

Die Zuteilung von zwei je bestimmten Beduerfnissen zu einem Vektor die durchaus etwas "Zusammengehörendes" und nicht nur zufaellig "Zusammengeratenes" zu haben scheint (Kuhn 1987), macht den Trieb zu einem Konstrukt. "Der Begriff Trieb ist an sich nicht konkreter Natur", (Szondi 1980, 17).

 

2.3 Diese acht Beduerfnisse sind von Natur aus dialektisch oder polar angelegt. Die Aufteilung jedes Beduerfnisses in zwei Strebungen bedeutet darum keine Spaltung, sondern lediglich die polare Differenzierung dieses einen Beduerfnisses.

  1. Die acht Beduerfnisse erklaert Szondi (1954,32-33) als phaenomenologische Reduktionen im Sinne Husserls. Das heisst, das breite und fast unendliche Spektrum in Erscheinung tretender menschlicher Handlungen ist wie durch Trichter auf diese acht Radikale (Wurzeln) oder Grundmotive reduzierbar. Oder umgekehrt:

Jegliches menschliche Erleben und Verhalten ist aus

diesen acht Beduerfnissen ableitbar.

  1. Auch wenn die von Szondi angenommene Ableitung der Beduerfnisse aus den Genen nicht mehr vertretbar sein sollte, so behaelt dieses Beduerfnissystem als ein System anthropologischer Kategorien (Schotte 1963) seine ungeschmaelerte Bedeutung.

 

  1. Die vier Schicksalskreise als Weisen des "In-der-Welt-Seins"

Von Husserl ist der Sprung nicht weit zu Heidegger. Ich schlage vor, nicht mehr vom Trieb-, sondern vom BEDUERFNISSYSTEM zu sprechen.

Bereits Huth (1985) hat - wenn auch aus anderen Gruenden - vorgeschlagen, den Triebbegriff aufzugeben. Ich persönlich halte ihn eigentlich immer noch fuer brauchbar, aber um das geht es hier nicht. Wir verlieren naemlich nichts, dagegen gewinnen wir in bestimmten Fachkreisen an Ansehen, wenn wir nicht mehr so viel und nicht mehr so "blauaeugig" von Trieb reden. Ohne die Sache aufzugeben können wir naemlich von Vektoren oder Schicksalskreisen sprechen.

Mein Vorschlag ist, die Triebe mit wesentlich zum Menschen gehörenden Existenzweisen zu umschreiben. Damit werden wir auch der Sache gerechter, wie ich unten noch zeigen möchte. Zudem sehe ich in der Wahl existentieller UEberbegriffe einen Brueckenschlag zur Existenzphilosophie und Daseinsanalyse, bei der Szondi fuer seine Ich-Psychologie bereits Anleihen gemacht hat. Die vier menschlichen Befindlichkeiten, an die ich denke sind die folgenden:

  1. Leiblichkeit (S)
  2. Affektivitaet (P)
  3. Ichhaftigkeit (Sch)
  4. Bezogenheit ©.

Um das Abstraktionsniveau zu vereinfachen, ziehe ich folgende, jedermann, klaren Begriffe vor:

Vektor S

Vektor P

Vektor SCH

Vektor C

KÖRPER

GEFUEHLE

ICH

BEZIEHUNGEN

3.1 Körper (S Vektor mit den faktoren h und s.

Das Zusammenspiel von h und s ist in der Zusammenfassung als Sexualitaet ohnehin zu eng gefasst. Im heutigen Verstaendnis (Freuds Sexualbegriff hat sich nicht durchgesetzt) - ist Zaertlichkeit nicht gleich immer sexuell zu verstehen, auch wenn sie es sein oder werden kann.

Auch nicht jede Form der Aktivitaet oder gar der Aggression hat sexuellen Charakter, wohl aber immer einen körperlichen Bezug. Selbst wenn ich nur mental aktiv werde, etwas still fuer mich ueberlege oder plane, ich bedarf dazu der Praesenz meines Kopfes, meines Körpers.

Darum scheint es mir schon von der Sache her, von dem also, was die beiden Beduerfnisse nach Zaertlichkeit und Aktivitaet anstreben, richtiger, vom Körper zu sprechen als nur von Sexualitaet.

3.2 Gefuehle (P Vektor mit den faktoren e und hy)

Sowohl die "guten" wie die "bösen" Affekte sind keine Triebkraefte, sondern sie sind lediglich "die gemuetshaften Begleiterscheinungen des triebhaften und geistigen Lebens" (Szondi 1952, 105). Aber die Beduerfnisse e und hy sind mehr oder weniger angeborene Weisen mit diesen Gefuehlen umzugehen, sie Sie eher aufzustauen oder nicht, sie zu zeigen oder nicht, um die Person gegen "aktuelle innere und aeussere Gefahren zu schuetzen". Triebhaft also ist die Bewegung, die Handlung, das Verhalten, das die Affekte als "Aufstauungs - und Entladungsstoffe benuetzt". Die Begriffe böse oder gut sind ohne jede Wertung zu verstehen, darum in Anfuehrungszeichen.

3.3.lch (Sch Vektor mit den faktoren k und p)

Genauer gesagt, repraesentieren die beiden Beduerfnisse k und p, die mir mit den Hilfszeitwörtern sein und haben am treffendsten charakterisiert zu sein scheinen, nur das Trieb-lch.

Es ist die Schaltstelle, die die anderen Beduerfnisse regulieren hilft, hinsichtlich Bejahung und Veneinung, bzw. Partizipation und Bewusstwerdung und allem, was damit zusammenhaengt.

3.4 Beziehungen (Vektor C mit den faktoren d und m)

Der Mensch kommt als "zoon politiken", als Sozialwesen, auf die Welt. Er steht schon vor seiner Geburt in Beziehungen, wie wir heute wissen. Diese Beziehungen sind fuer ihn lebensnotwendig, körperlich wie seelisch. Die Bezogenheit tendiert nicht nur auf den Menschen (Mitwelt), sie schliesst auch die Natur, die Örtlichkeit und die Gedankenwelt (Umwelt) ein (Faktor m).

Sowohl Mit- wie Umwelt aendern sich im Laufe eines Menschenlebens.

Beim einen mehr, beim anderen weniger ( faktor d).

Wenn ich nun jedes Element des Beduerfnissystems mit nur einem Wort charakterisiere, dann erhalten wir folgendes Schema:

Das Beduerfnissystem der Schicksalsanalyse

Seinsbereiche:

Beduerfnisse:

Strebungen:

S

 

Körper

h: Liebe /

\

s: Aktivitaet /

\

+h sinnliche

-h platonische

+s gebende

-s empfangende

P

Gefuehle

e: grobe Gefuehle

 

 

hy: zarte Gefuehle

+e : "gute"

-e: "böse"

+hy: zeigend

-hy: verbergend

SCH

ICH

 

 

 

 

k: Haben

 

 

p: Sein

+k: bejahend

-k: verneinend

+p: (Selbst)- bewusst

-p: teilnehmend.

C

Beziehung

d: Veraenderung

 

m: Halt

+d: suchend

-d: beharrend

+m: anklammerend

-m: loslassend

  1. Die Gewichtung der Beduerfnisse und ihr Verhaeltnis zur Freiheit Die Pfeile zwischen den beiden Beduerfnissen eines Vektors sollen andeuten, dass das eine Beduerfnis, von dem der Pfeil ausgeht, das andere regulieren hilft. Liebe oder der Wunsch nach Zaertlichkeit (h) bedarf zu seiner Befriedigung: der Aktivitaet und Bereitschaft (s), Zaertlichkeit: zu geben oder zu empfangen.

Ein Mensch schaemt sich (hy) seiner Wut oder Angst (e) und versucht sie zu beherrschen, ein anderer zeigt sie hemmungslos.

Das Faehigkeit des Ichs, zu sich ja oder nein sagen zu können (k), verhilft dem eigenen Sein (p), Gefahren der UEberschaetzung und Minderwertigkeit zu bannen, wenn der Mensch sich seiner bewusst wird oder sich teilnehmend einem "Du" zuwendet.

Der Mensch - gleich ob grob oder klein - findet in seinen Beziehungen einen wichtigen seelischen Halt (m). Ob diese Beziehungen flexibel geaendert oder starr und irreal gelebt werden, haengt von der Veraenderungsfaehigkeit (d) des Menschen ab.

Obwohl die Pfeilrichtungen der von Schotte entwickelten

Umlaufbahnen (Mélon - Lekeuche 1982, 22) in umgekehrter Richtung verlaufen, weil sie - wie ich denke - von der Dynamik ausgehen, meinen sie inhaltlich das gleiche.

Wenn ich das in einer Gewichtung ausdruecke, dann sind die mit den Faktoren h, e, p und m gemeinten Beduerfnisse die eigentlich wichtigeren in bezug auf die Grundansprueche menschlichen Seins. Von ihnen geht die intravektorielle Dynamik aus.

Waehrend die anderen (s, hy, k, d) vornehmlich ihre Bedeutung darin haben, dass die anderen vier ihre Befriedigung finden - oder eben nicht finden. Hierin unterscheide ich mich von der Theorie der Umlaufbahnen, die die Beduerfnisse h, e, p und m als "Steuerfaktoren" bezeichnet (Szondiana 1989,54). Fuer mich haben genau die anderen vier diese Aufgabe.

Auch wenn diese acht Beduerfnisse sozusagen zur kollektiven Ausstattung eines jeden Menschen gehören, sind ihre jeweilige Intensitaet und die Bevorzugung bestimmter Strebungsrichtungen familiaer und auch persönlich recht variabel. So gesehen, gehört das ganze Beduerfnissystem zum Zwangsschicksal.

Und doch muss der Mensch, wenn das Wahl-Schicksal kein leeres Wort sein soll, darauf Einfluss haben. Oder anders gefragt: Welche Faktoren stehen sozusagen dem Pontifex-lch zur Verfuegung, wenn es gilt, freie Entscheidungen zu treffen?

Ich meine gerade die vier regulierenden Beduerfnisse: s, hy, k und d. Sie sind quasi der Ort, wo Freiheit wirksam werden kann, wenn es gilt, die Befriedigung der anderen vier (h, e, p, m) in Einklang mit der Innen- und Aussenwelt (=autogene und allogene Partizipation) zu ermöglichen.

Diese Unterscheidung hat therapeutische und beraterische Bedeutung und meint, dass gerade der möglichst freie Umgang mit den Beduerfnissen (s, hy, k und d) durchgearbeitet werden muss bzw. durchgearbeitet werden kann. Die anderen vier faktoren sind an sich nicht veraenderbar, sondern nur durch Stellungnahme zu beeinflussen. Zu dieser Auffassung komme ich durch eine Vorlesung Szondis (1979), in der er zum einen betonte:

"Die grosse Freiheit besteht in der Negierung. Dass der Mensch ein Ich hat, das negieren kann, das ist Freiheit". Und wenn die Stellungnahme

(k-) versagt meinte er weiter, "dann geschieht alles, was im (p) ist, d. h., "Ich kann alles sein".

Wie bekomme ich aber ein (k-), das ist doch die Frage? Durch die Erziehung oder die Selbsterziehung". Fuer ihn war das Beduerfnis (p) nicht veraenderbar, wohl aber steuerbar durch das Beduerfnis k. Diese Differenzierung unter den beiden zum Ich gehörenden Beduerfnissen, uebertrage ich nun auch auf die anderen drei Seinsbereiche.

5. Die inhaltliche Ausformulierung der Beduerfnisse

Das didaktisch sehr uebersichtliche, aber wie ein Gerippe anmutende Beduerfnisschema muss noch mit Fleisch und Blut gefuellt werden. Ich möchte auf einige Varianten hinweisen, nach denen die mit dem Beduerfnissystem gemeinten Inhalte geordnet werden können. Wenn man naemlich die Inhalte gewissen Ordnungsprinzipien unterwirft, wird die Bedeutungsvielfaeltigkeit uebersichtlicher.

Bei den nun folgenden Variationen geht es mir nicht um Vollstaendigkeit, sondern um Anregungen fuer den kreativen Umgang mit den inhaltlichen Bedeutungen des Beduerfnissystems.

5.1 (Variation 1): Ziel - Trieben - Verhalten

Eine Möglichkeit, die 16 Strebungen sprachlich zu variieren, ist die Einteilung in Ziel, Erleben und Verhalten.

Tendenzen

Ziel

Erleben

Verhaltensweisen

+ h Körperkontakt

Erotische Spannung, Kribbeln, Waerme, Harmonie, Wonne

Beruehren, Fummeln Streicheln, Anschmiegen

h- negativ: Vermeiden von h+ = Vermeiden des Körperkontaktes

h-

positiv Auswertung:

Zuwendung zum Kollektiven, kollektive Zaertlichkeit

Beklemmungsangst, Angst vor (sexuellen) Kontakten, Berueh- rungsangst

Aufgehobensein, Zuge- hörigkeit, Gefuehl des Gebrauchtwerdens und Nuetzlichseins

Verklemmtheit, Körperfeindlichkeit

 

Hingabe an andere, Umsorgen von anderen (politisch-theologisch-humanitaer)

s- Bewegung auf ein Objekt zu, Angreifen

Gefuehl der Staerke und Kraft, Erfolg, Dynamik

Initiative, Aktivitaet, Durchsetzen, Herangehen an (forsch bis brutal), Grobheit

s- das Objekt her- ankommen lassen, sich verfuehren und manipulieren lassen

Hingabefreude, Genuss an Aufopferung und Dienen, Suehne

Passivitaet, Lahmheit, Nachgiebigkeit, Fueh- rungsbeduerftigkeit, Willfaehrigkeit, Zuvor- kommenheit, Belast- barkeit

+e "Gut" und Gerecht sein wollen

Integritaet, Frommsein, Ehrenhaftigkeit

Loyalitaet, Guete, Ge- wissenhaftigkeit, Frömmigkeit bis Bi- gotterie, Einsatz fuer Recht und Ordnung

 

-e "böse" sein wollen

Wut, Rache, Hass, Eifersucht, Neid, Zorn

Affekthandlungen und

-ausbrueche

hy- sich zeigen, gesehen werden wollen

sich angesehen und wertvoll fuehlen, sich im Mittelpunkt fuehlen, darf sich sehen lassen

auffallendes Benehmen, kann sich gut verkaufen, wirkungsbewusstes Auftreten, Selbstgefaelligkeit

hy- Verbergungs- drang als Schutz

 

Scham, Scheu, Verle- genheit, Angst: wenn man wuesste, wie ich wirklich bin

sich verstecken, erröten, verklemmt/gehemmt, Schuechternheit, Bescheidenheit, gesellschaftliche Un- sicherheit, Ausreden/ Ausfluechte

 

k+ Besitzen- und Haben-Wollen

Sicherheit im Persona-Bild (C.G. Jung)

z.B. als Amtstraeger, sich angesehen fuehlen

Interesse am Erwerben von Geistigem und Materiellem, Kapitalisierung, Effizienz, Geschaefte, Egozentrismus

k- Verneinen

 

Einklang mit der Realitaet durch Reserviertheit, Ich-Staerke durch distanzierte Ausgewogenheit

Anpassung, Verdraengen, Verzichten, Hemmen und Entfremden als Selbsterhaltung, Verschlossenheit,

Zentrismus, Destruktivitaet, Entwerten/ Verachten

p+ Vollkommen oder ganz sein wollen

Grösse, Macht, Unab- haengigkeit, Selbst- sicherheit

kreativ, autonom, ueber- zeugt, ueberheblich, fanatisch, besessen von Ideen

p- Einsseinwollen Verschmelzen -p Einsseinwollen, Verschmelzen

Aufgehen in Wir- Gefuehl, Geborgenheit, Unsicherheit, Minder- wertigkeitsgefuehle

gruppenfaehig, loyal, abhaengigkeit,

Empathie, Solidaritaet,

anhaenglich

d- Veraendern

Unruhe, UEberforderung, Verstimmung.

flexibel, wandlungsfaehig, Interesse an Neuem, verschwenderisch bei Zeit und Geld, evtl.zerstreut

d- beim alten lassen

Trotz, Angst vor

Autonomieverlust

konservativ, oppositionell, Sammler, bevorzugt Altes, kann schlecht wegwerfen oder aufgeben, Geiz, beharrlich, konzentriert

-m Halt,

Akzeptation

Geborgenheit oder Angst, sie zu verlieren, Sicherheit, Urvertrauen, Sehnsucht und Heimweh

orale Befriedigungen wie Reden, Essen, Trinken, Rauchen, Sucht, Geselligkeit, Geniesser, Kollegialitaet

m- Unabhaengigkeit, Freiheit

(hypo)-manische Grundstimmung, Euphorie,

Verlassenheit, Verein- samung

Verwahrlosung, Einzelgaenger, Rueckzug aus der Familie/Gesellschaft, Kontaktarm, Gleichgueltigkeit

 

5.2 (Variation 2): Subjekt- oder Objektbezogenheit

Der Mensch steht immer in Beziehungen, weil er ein soziales Wesen ist. Diese Bezogenheit auf Mit- und Umwelt zeigt sich nicht nur in C-Vektor, sondern auch in den anderen drei Seinsbereichen. Die Vielfaeltigkeit dieser Beziehungen aeussert sich dabei einerseits im Streben des Subjekts und andererseits auch im Erleben der vom Objekt ausgehenden Reaktionen, die im guenstigen Fall die eigenen Strebungen befriedigen oder andernfalls es nicht tun.

Um mit einem Beispiel konkreter zu werden: Ich kann den Wunsch haben, mich Neuem zuzuwenden, mich auf die Suche nach irgend einem Objekt der Befriedigung zu machen (d+). Hier geht dieser Wunsch von mir aus, darum sage ich ihm "subjektbezogen". Man könnte auch aktiv sagen. Es kann nun aber auch sein, dass ich eigentlich lieber auf Beharren eingestimmt bin und im Moment das Suchen gar nicht wuensche (d-). Aus aeusseren Gruenden heraus bin ich aber gezwungen, der Forderung eines Wandels zuzustimmen. Dieses eher passive Veraendern (d+) hat dann eine andere Erlebnisqualitaet als die eher aktive, denn das Subjekt erlebt sich im zweiten Fall u. U. als Objekt, an dem der andere seine Beduerfnisse befriedigen möchte. Das hat dann z. B. den Beigeschmack von Ausgenuetztwerden oder Uberforderung. (Ich denke, das diese Erfahrungen sich als Selbst- und Objektrepraesentanzen niederschlagen)

Ich waehle als Einteilung die Adjektive: Aktiv und Passiv, bzw. vom Erleben her betrachtet: Subjekt- und Objektbezogen.

AKTIV. Subjektbezogen

PASSIV. Objektbezogen

h+ sehr körperbezogen, Zaertlichkeiten suchen, ich beruehre und streichle gern andere,

 

erwartet Zaertlichkeiten, ich lasse mich gern beruehren oder streicheln, es tut mir gut

h- lehnt Zaertlichkeit ab,

Zaertlich keiten schaffen Probleme, geistige Zaertlichkeit zur Gemeinschaft, Fuersorge,

Muetterlichkeit, Vaeterlichkeit

 

hat schlechte Erfahrungen gemacht, der andere hat nur Hintergedanken, ich halte mir andere vom Leib, man braucht meine Fuersorge

+ s angreifen, sich durchsetzen, Leid zufuegen, hart durchgreifen,

 

sich wehren können, sich nichts gefallen lassen, die Menschen sind halt nun mal aggressiv

     

- s erdulden, ertragen, sich fuegen, nicht rangehen können

 

sich verleiten lassen, sich Verfuehren lassen, sich belasten lassen, leiden muessen, ausgenuetzt werden, Angst vor Aggressionen, mit mir kann man alles machen,

+ e ich will gut, fromm und gerecht sein, fuer Recht und Ordnung sorgen,

 

dem anderen Recht verschaffen, der andere braucht meine Hilfe oder Guete, Angst, Schuldgefuehle, Gewissen

- e ich bin wuetend, zornig, eifersuechtig, rachsuechtig,

 

man macht mich wuetend, usw.

+ hy ich darf so sein wie ich bin, ich kann mich sehen lassen,

 

die anderen finden mich gut, man hat Freude an mir,

- hy ich verstecke mich und meine Wuensche besser, es gibt viel an mir auszusetzen, ich bin nicht in Ordnung, ich sollte anders sein,

 

ich muss aufpassen, dass man nicht merkt, wie ich wirklich bin, Angst, die anderen kommen dahinter

+ k alles haben wollen, sich bereichern, einverleiben, die Realitaet wahrnehmen,

 

Die Dinge und Menschen sind fuer mich da, oder sie sollten es

- k nein sagen, verzichten, sich ablehnen, s. entwerten, s. verachten,

 

sich verweigern, andere entwerten, andere verachten,

+ p Ich bin ich. Ich weiss, wer ich bin und was ich will. Ich bin nun mal so. Selbstueberschaetzung,

 

 

Die anderen sind nicht nötig, ich komme allein zurecht. Ich habe immer Recht. UEberheblichkeit,

- p Ich möchte eins sein, ich fuehle mich minderwertig, ich bin erst durch den anderen,

 

 

mitempfinden, der andere ist maechtig, ich werde verfolgt, ich kann mich einfuehlen,

+d suchen, veraendern, fordern, erwerben,

 

es allen recht machen wollen, ausgenuetzt werden, ueberfordert sein, folgen, sich anpassen, sich verpflichtet fuehlen, bemueht sein, leisten, draufzahlen, hergeben muessen, verlieren, (diese Seite stimmt traurig)

- d behalten, beharren, kleben bleiben, nicht leisten, sondern sich etwas leisten,

 

verweigern, trotzen, bocken

+ m festhalten, Geborgenheit und Sicherheit erstreben oder holen, sich beliebt machen

 

gehalten sein, Halt haben oder nicht haben, akzeptiert sein oder nicht, Angst, den Halt zu verlieren, M. a. Urvertrauen

- m einsam sein, sich ablösen, niemanden brauchen, verlassen, zurueckweisen des anderen,

 

sich verlassen fuehlen, verlassen sein, fallen gelassen werden, sich abgelehnt fuehlen

Wie bei einem musikalischen Thema liessen sich noch viele weitere Variationen entwickeln. Ich begnuege mich mit diesen beiden Vorschlaegen und hoffe, dass sowohl das vereinfachte Beduerfnissystem wie auch seine inhaltlichen Ausdeutungen ein Beitrag zur notwendigen UEbersetzungsarbeit schicksalsanalytischer Theorien sind.

Zusammenfassung

Es wird der Vorschlag eines vereinfachten und allgemein verstaendlichen Triebsystems gemacht, wobei der Triebbegriff möglichst vermieden wird. Auisserdem werden zwei Vorschlaege unterbreitet, nach denen die Inhalte der acht Beduerfnisse, bzw. der sechzehn Strebungen geordnet und verschieden benannt werden können.

Literatur

 

  • Buergi, K.: Erzaehl dich selbst -erkenn dich selbst. Der Szondi-Test: Eine Induktion zur Selbstreflexion. In: SZONDIANA 5/2, 1985, 42-74. Huth, W.: Das schicksalsanalytische Triebkonzept im Licht neuerer Befunde und Theorien ilber Leib-Seele-Probleme. In: SZONDIANA 5/1, 1985,19-45.
  • Fischer, M. u. a.: Innenarchitektur und Schicksalspsychologie:

Ein Zwischenbericht. In: SZONDIANA 1884/1, 90-98.

  • Juettner, F.: Zur Ich-Psychologie der Schicksalsanalyse. In: SZONDIANA, 1988/1,45-74.
  • Kolloquium der IFSP 1988: Thesen der Arbeitsgruppe Umlaufbahn. In: SZONDIANA 1989/1,54-56.
  • Kuhn, R.: Ober die Stellung des paroxysmalen Vektors von Szondi im System der endogenen Psychosen. In: SZONDIANA 7/2,1987, 7080.
  • Mélon, J.; Lekeuche, Ph.: Dialectique des pulsions. Cahiers 2. Louvain-laNeuve: Cabay 1982.
  • Schotte, J.: Notice pour introduire le probléme structural de la Schicksalsanalyse. Festschrift Leopold Szondi. In: SZONDIANA V, 1963,144201.
  • Szondi, L.: Triebpathologie. Bern: Huber 1952.

Szondi, L.: Mensch und Schicksal. In: Wissenschaft und Weltbild. Wien: Herold 1954 7. Jhg. Jan.-Febr. S. 15-34.

Szondi, L.: Ich-Analyse. Triebpathologie II. Bern: Huber 1956.

Szondi, L.: Schicksalsanalytische Therapie. Bern: Huber 1963

Szondi, L.: Schicksalsanalyse. Wahl in Liebe, Freundschaft, Beruf, Krankheit und Tod. Basel: Schwabe & Co 1965 (3. Aufl.).

Szondi, L.: Die Tonbandaufnahme der Vorlesung vom 30.1.1979 ist in meinem Besitz.

Szondi, L.: Die Triebentmischten. Bern: Huber 1980.

 

 

c 1996-2000 Leo Berlips, JP Berlips & Jens Berlips, Slavick Shibayev